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Das Kurhaus in Bad Nenndorf

Die Geschichte eines ikonischen Gebäudes

Das Kurhaus in Bad Nenndorf ist schon jetzt das Aushängeschild der Stadt. Nahezu täglich können Bürger:innen sehen, wie es mit dem Umbau und der Modernisierung vorangeht. Anlässlich des Tags der Städtebauförderung am 14. Mai 2022 wurden interaktive 360-Grad Aufnahmen von den bereits fertiggestellten Bereichen und Geschäften gemacht. Diese geben einen spannenden Einblick in das neue Kurhaus.

Eine Sonderausgabe des Podcasts „Kurparkgeflüster“ schaut hinter die Kulissen und lässt den Stadtdirektor, die Projektleitung und Mieter:innen zu Wort kommen. Seien Sie gespannt und vor allem haben Sie viel Spaß mit dem virtuellen Erleben des neuen Kurhauses.

Das Kurhaus

Umbau und Modernisierung

Das Kurhaus in Bad Nenndorf wurde 1963 gebaut. Die Pläne basierten auf einem Entwurf aus dem Jahr 1959, mit dem das Architekturbüro Ernst Zinssers den städtebaulichen Wettbewerb des Niedersächsischen Finanzministeriums (Abteilung Hochbauverwaltung) gewonnen hatte. Das neue Kurhaus entstand nicht am Platz des alten Kurhauses, sondern auf dem Gelände des Marstallgebäudes. Zuvor waren das alte Kurhotel und das Marstallgebäude abgebrochen worden. Das oberhalb am Hang liegende Schlösschen stand damit jedoch frei und ohne architektonische Anbindung.

Der Architekt Ernst Zinsser beschäftigte sich mit dem Bad, seiner Geschichte, der Umgebung und dem angrenzenden Kurpark. Er schuf ein für die damalige Architektur typisches Gebäude, setzte es aber nicht einfach in die Landschaft, sondern passte es der Topografie der Umgebung an. Er nahm Rücksicht auf das Schlösschen und dimensionierte die Baumassen des Kurhauses so, dass sie dem Schlösschen wieder eine Anbindung gaben, ohne dem Kurhaus eine beherrschende Stellung im Gesamtensemble zu geben. Der vorhandene Baumbestand wurde weitgehend erhalten und in Teilen ergänzt, sodass sich das Gebäude harmonisch einfügte. Im neuen Kurhaus (Bauzeit 1962 – 1963) befand sich seinerzeit ein kleiner Gartenhof. Um das Atrium im Obergeschoss gruppierten sich eine Bar, ein Restaurant sowie das Kurcafé. Die Terrassen bildeten den Anschluss an die angrenzende Parklandschaft. Entlang der Promenade – unter der Freitreppe – waren Läden.

Die Einleitung der Sanierung

Rettet das Kurhaus

Über die nachfolgenden Jahrzehnte ist das Kurhaus durch verschiedene Eigentümer mehrfach umgebaut und erweitert worden, die ursprüngliche Qualität des Gebäudes hatte darunter stark gelitten. In vielen Bereichen war die ursprüngliche Planung des Gebäudes verändert. Der Hauptzugang war auf die Rückseite verlegt worden, der Grundriss neu strukturiert, das Atrium überdacht und abgesenkt worden. Die Freitreppe der Vorderseite war nicht mehr vorhanden und die Fassade wurde teilweise mit Zinkblechen verkleidet. Die klare Linie des Architekten war verloren gegangen.

Mit finanzieller Unterstützung aus Städtebaufördermitteln konnte die Stadt Bad Nenndorf 2009 das Gebäude vom insolventen Eigentümer erwerben. Da die Erneuerung der Baukonstruktion nach heutigen Maßstäben und den aktuell geltenden energetischen Standards zunächst nicht möglich schien, beschloss der Rat 2012 das Gebäude durch den Neubau eines Geschäfts- und Rathauses zu ersetzen wobei verschiedene Ämter und Behörden mit der Samtgemeinde unter einem neuen Dach zusammengeführt werden sollten.

Zwischenzeitlich hatte sich jedoch die Bürgerinitiative „Rettet das Kurhaus“ gegründet und ein Bürgerbegehren eingeleitet, um das Gebäude zu erhalten und zu sanieren. Eine Voruntersuchung ergab, dass die Sanierung mit neuzeitlich-industriellen Werkstoffen und Baumethoden unter Berücksichtigung der damaligen Planung realisierbar und wirtschaftlich sein würde. Im September 2013 erfolgte (parallel zur Bundestagswahl) eine Abstimmung. Rund 60 % der abgegebenen Stimmen sprachen sich für den Erhalt aus. Nach vielen Jahren kontroverser Diskussionen, Prüfungen der Substanz, Konzepten zur Nutzung etc. erfolgte Ende Februar 2017 der endgültige Ratsbeschluss zur Einleitung der Sanierung des Kurhauses.

Von Hannover nach Bad Nenndorf

Der Architekt Ernst Zinsser

Ernst Zinsser (* 26. Juni 1904 in Köln; † 16. Dezember 1985 in Hannover) war ein deutscher Architekt. Neben der Tätigkeit im Architekturbüro war Zinsser Professor für Entwerfen im Fachbereich Architektur der Technischen Hochschule Hannover. Viele Bauten von Ernst Zinsser wurden mit dem Architekturpreis des Bundes Deutscher Architekten (BDA) ausgezeichnet und stehen heute unter Denkmalschutz. Ernst Zinsser gehörte zu den bedeutendsten Hannoveraner Architekten und nahm mit zahlreichen Bauten großen Einfluss auf den modern geprägten Wiederaufbau der Stadt.

Wissenswertes

Umbau und Modernisierung

Das durch Prof. Ernst Zinsser geplante und im Jahr 1963 fertiggestellte Kurhaus bedarf einer vielseitigen Revitalisierung. Anlass hierzu geben neben dem Leerstand von Teilflächen auch die Notwendigkeit einer energetischen  assadensanierung sowie der Bedarf einer erheblichen Attraktivitätssteigerung. Eine neue Innentreppe sowie ein Aufzug sollen die barrierefreie Durchlässigkeit des Gebäudes für den Besucher wiederherstellen. Eine Verbesserung der Flexibilität vermietbarer Flächen und die Berücksichtigung von Wünschen der Bestandsmieter sind Grundlagen der Planung.

Die Nutzung des Gebäudes liegt in den Schwerpunkten: Geschäfts- und Gastronomienutzung, Arztpraxisund Therapieangebote sowie Bürofl.chen. Die zurzeit ungenutzte Kursaalfläche wird durch eine Tanzschule wieder aktiviert werden. Durch den Abriss eines erdgeschossigen Anbaues mit Gastronomie zur Buchenallee werden ursprüngliche Blickachsen in den Kurpark wiederhergestellt. Entlang der Kurpromenade fehlt dem Gebäude für den Fußgänger eine raumbildende Vorzone. Ursprünglich bestand die Möglichkeit, unterhalb der Terrassen an einer Schaufensterfront entlangzuflanieren. Nun wird diese Qualität durch ein vorgelagertes Glasvordach wiederhergestellt und die Laden- bzw. Gastronomienutzung dadurch begünstigt.

In die Maßnahmen eingeschlossen sind auch die Außenanlagen im Bereich des Gartenhofes, des Innenhofes, der Kurpark-Terrasse und die Anpassung der Außenflächen im süd.stlichen Bereich für den barrierefreien Gebäudezugang und der dortigen Feuerwehraufstellfläche. Die erforderlichen Stellplätze, insbesondere im nordöstlichen Grundstücksteil zur Buchenallee, sind Bestandteil der geplanten Baumaßnahme. Ergänzende Sicherungsmaßnahmen schützen den Baumbestand und die Flächen des Kurparkes während der Baumaßnahme. Die Sanierung des Kurhauses begann im Sommer 2018.